Pressemitteilung vom 31.08.2013 Berliner Zeitung BERLIN – 16 Acht- und Neuntklässler aus Weißensee überquerten innerhalb von zwei Wochen die Alpen, im Rahmen des neuen Unterrichtsfaches „Herausforderung“. Ziel der Tour war es, dass die Schüler lernen, Verantwortung zu übernehmen. Noch heute ist die Ferse von Tina gerötet und schmerzt ein wenig. „Ich hatte mir da eine richtig dicke Blase gelaufen“, sagt die Neuntklässlerin auf dem Schulhof der Heinz-Brandt-Sekundarschule in Weißensee. Tina gehört zu den 16 Schülern, die innerhalb von gut zwei Wochen die Alpen überquert haben. In Berchtesgaden in Bayern starteten sie, dann ging es über die Venedigergebirgsgruppe in Österreich bis nach Matrei in Osttirol und weiter durchs Defereggen-Tal bis zur italienischen Grenze. Etwa 120 Kilometer und immense Höhenunterschiede legten die Schüler zurück. Mitunter mussten sie sich auf abschüssigen Pfaden an Seilen festhalten. Vor zwei Wochen sind sie zurückgekehrt. „Es war anstrengend, aber viel schöner als normaler Unterricht“, sagt der 15-jährige Anton. „Herausforderung“ nennt sich das Fach, in dem die Schüler die Alpenüberquerung planten und schließlich absolvierten. „Herausforderung“ soll an der Schule ein ordentliches Schulfach werden, darüber werden Lehrer-, Eltern- und Schülervertreter bald abstimmen. „Die Schüler sind auf der Tour gereift, sie haben gelernt, Verantwortung zu übernehmen“, sagt der Sportlehrer Jörn Langer, der die Acht- und Neuntklässler gemeinsam mit zwei Hochschulabsolventen der Organisation Teach First über die Alpen begleitete. Außerdem hätten sie auf ganz natürliche Weise erfahren, dass man sich anstrengen müsse, um ein Ziel zu erreichen. Genuss in der Natur Unterwegs haben die Schüler Reisetagebuch geführt. Anton hat aufgeschrieben, wie sie einen Serpentinenweg hinauf gingen und sich dabei Steine lösten. Oder wie eine Fledermaus in einer kargen Hütte die Nachtruhe störte. Meistens übernachteten die Schüler in den Mehrbettzimmern von Berghütten. Unterwegs kam es auch zu Konflikten, die schnell gelöst werden mussten. „Einige wollten langsamer marschieren als andere“, erinnert sich Lisa. Bald habe man sich auf ein Tempo geeinigt und müden Mitschülern auch mal den Rucksack abgenommen. Selbst die Gestaltung des Mittagessens sorgte für Diskussionen. „Ich fand, es sollte in erster Linie haltbar sein und wenig wiegen“, sagt Anton. Andere hätten Hackfleisch mitnehmen wollen, obwohl das schnell verdirbt. Ein Genuss für alle waren hingegen Naturerlebnisse: Die Schüler bestiegen den 2753 Meter hohen Sandebentörl – dieser Bergrücken war der höchste Punkt, den die Schüler bei ihrer Alpenüberquerung erreichten. Sie erlebten Schnee im August und liefen am Ufer eines Gletschersees entlang. Zwei Mal benutzten sie Bus und Bahn, um im Tal schneller voranzukommen. Ausstattung selbst besorgt Das Fach „Herausforderung“ beschränkte sich nicht auf die Alpenüberquerung. Schon Monate vorher mussten Reisegeld und Ausrüstung beschafft werden. Die Schüler verkauften dafür selbst gebackenen Kuchen und fanden Outdoor-Ausstatter, die Rucksäcke spendierten. 150 Euro muste jeder Schüler selbst verdienen, 150 Euro zahlten Eltern oder auch das Jobcenter für die Fahrt. Die Teach-First-Fellows Julia Stratmann und Johannes Wießner warben weitere Spenden ein. Teach First bringt Hochschulabsolventen für zwei Jahre als Hilfslehrer an Schulen. In manchen Bezirken darf Teach First nicht tätig werden, weil die Personalräte dagegen sind. In Weißensee schon. „Die Jugendlichen hören doch viel zu oft, was sie angeblich alles nicht können“, sagt Wießner. Bei so einer Tour merken sie dagegen, was alles in ihnen steckt. Als die Dias von der Reise gezeigt wurden, nannte eine Mutter sie gar eine „rituelle Jugendweihe“.
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„Gletscher statt Mathe“