Stolpersteine gegen das Vergessen: wir erinnern an Max Behrendt, Ottilie Reich und Michael Scharff

am 8. Mai 2023 verlegen Schüler*innen der Heinz-Brandt-Schule zusammen mit Dagmar Janke und Wolfgang Behrendt drei weitere Stolpersteine für deportierte und in Auschwitz ermordete Mitglieder der Familie Behrendt. Gedacht wird mit den Verlegungen Max Behrendt sowie Ottilie Reich und deren damals fast fünfjährigen Sohn Michael Scharff, die jeweils im Vernichtungslager Auschwitz starben. Frau Janke wird damit die Steine 23, 24 und 25 initiiert haben, wie bei den Verlegungen zuvor in Zusammenarbeit mit Schüler*innen, denen sie gemeinsam mit ihrem Cousin Wolfgang Behrendt das Schicksal der ermordeten Familienmitglieder näherbringt.

 

Die Schüler*innen des 9. Jahrgangs der Heinz-Brandt-Schule in Weißensee und haben sich im Unterricht mit den Verbrechen des Nationalsozialismus und dem Projekt der Stolpersteine beschäftigt. Stolpersteine sind ein Kunst- und Erinnerungsprojekt, welches von Gunter Demnig 1992 initiiert wurde. Die einzelnen Steine sind Betonquader mit einer Kantenlänge von 10 cm, die in den Gehweg vor dem letzten frei gewählten Wohnort von Verfolgten des Nationalsozialismus eingelassen werden. Auf einer Messingplatte an der Oberseite sind der Name und das Schicksal des Menschen, an den erinnert wird, zu lesen. Inzwischen sind europaweit über 75.000 Steine verlegt.

 

Am 8. Mai wird um 14.30 Uhr in der Landsberger Allee 8 zuerst Max Behrendt gedacht, der dort bist zu seiner Festnahme 1941 lebte. Max, Jahrgang 1910, hatte zu dieser Zeit bereits einige Schicksalsschläge überstanden: seine Mutter starb 1914, sein Vater fiel, als er 8 Jahre alt war, 1918 für Kaiser und Vaterland im Ersten Weltkrieg. Nach einer Zeit im Waisenhaus konnte Max eine Schuhmacherlehre absolvieren und arbeitete als solcher unter anderem bei Leiser in Berlin. Als junger Witwer, 1939 verstarb seine erste Frau, lernte Max 1940 eine Nicht-Jüdin kennen, die sich gerade in Trennung von ihrem Mann befand. Die beiden blieben trotz der damaligen Rechtslage zusammen, was zur Denunziation und Verhaftung am 16. Mai 1941 führte. Wegen „Rassenschande“ zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt kam Max über das Gefängnis Plötzensee und weitere Zuchthäuser im April 1943 ins Stammlager des KZ Auschwitz. Im September 1943 wurde in Ausschwitz eine Sterbeurkunde für den 32-jährigen Max Behrendt ausgestellt, die Umstände des Todes sind unbekannt.

 

Im Anschluss, gegen 15.30 Uhr, werden wir in der Barnimstraße 18 zwei weitere Stolpersteine verlegen, um damit Ottilie Reich, geb. Scharff, sowie ihrem Sohn Michael Scharff zu gedenken. Michael kam am 01.04.1938 als uneheliches Kind von Ottilie Reich und ihrem Lebensgefährten Bernhard Behrendt zur Welt. Die Familie lebte in angespannten finanziellen Verhältnissen, auch weil der Kindsvater kurz nach der Geburt Michaels im Juni 1938 ins Konzentrationslager Buchenwelt deportiert wurde und daher seinen Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen konnte. Staatliche Mietzuschüsse wurden zudem Ende 1939 für jüdische Familien gestrichen. Bernhard Behrendt wurde zwar nach ca. 7 Monaten aus dem KZ Buchenwald entlassen, musste aber Deutschland verlassen. Auf sich allein gestellt lebte Ottilie Reich mit ihrem Sohn in der Gegend in unterschiedlichen Sozialwohnungen unter prekären Bedingungen. In einem Pflegebericht vom 12. August 1942 wurde Michael Scharff trotzdem eine normale und gute körperliche Entwicklung attestiert. Er ist ein »aufgeweckter, intelligenter Junge«, heißt es im Bericht. Michael wurde tagsüber im Kindergarten, Friedenstraße 3, betreut, während seine Mutter im Arbeitseinsatz war. Ein halbes Jahr später, am 26. Februar 1943, wurden Ottilie Reich und ihr Sohn Michael Scharff mit dem 30. Transport von Berlin nach Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurden.

 

Die Stolpersteinverlegung wird von Schüler*innen der 9. Klasse der Heinz-Brandt-Schule Berlin-Weißensee geplant und am 08. Mai durchgeführt. Wie bereits bei der Verlegung der Stolpersteine für Max und Meta Behrendt 2021 wurde die Recherche und Vorbereitung durch die Angehörigen Frau Janke und Herr Behrendt mit Vorträgen in der Schule begleitet. Frau Janke wird dann damit insgesamt 25 Stolpersteine für Angehörige der Familie Behrendt initiiert haben, die sie jeweils mit Berliner Schulklassen verlegen ließ. Unterstützt wird dies von der Berliner Stolperstein-Koordinierungsstelle, auf deren Internetseiten werden in der Folge auch ausführlichere Biographien zu finden sein (https://www.stolpersteine-berlin.de/de/stolpersteine-finden).

 

Wer das Projekt unterstützen möchte, kann dies über folgenden betterplace-Link tun: https://www.betterplace.org/de/projects/122448-drei-weitere-stolpersteine-fuer-familie-behrendt