Berliner Zeitung vom 07.05.2011
Ein Wettbewerb zeichnet Schulen aus, die sich für die Ausbildungsreife ihrer Absolventen einsetzen
Andrea Frey
Leckermäulchen kommen in den Pausen zuhauf in die Cafeteria der Heinz-Brandt-Schule (HBS) in Weißensee, um sich dort mit belegten Vollkornbrötchen, etwas Süßem oder einer warmen Mahlzeit am Mittag für den Unterricht zu stärken. Das Besondere: Betrieben wird der Laden von einer Schülerfirma. Die Jungen und Mädchen sind damit so erfolgreich, dass sie neben der Pausenbrotversorgung von Lehrern und Mitschülern bereits Catering-Aufträge für verschiedene Veranstaltungen übernommen haben. Gewollter Nebeneffekt des Projekts: Die Schüler erwerben Kompetenzen, die ihnen später im Berufsleben nutzen.
Diese und weitere Initiativen, die den Schulabgängern beim Übergang ins Berufsleben helfen sollen, machen die HBS zu einer „Starken Schule“. Den Titel darf die integrierte Sekundarschule seit einigen Wochen führen: Sie ist Landessieger im gleichnamigen Wettbewerb der Hertie-Stiftung geworden. Schulleiterin Miriam Pech hat zudem noch Chancen auf den Bundessieg. Die Auszeichnung wird am 11. Mai von Bundespräsident Christian Wulff überreicht.
Seit 1999 zeichnet die Stiftung Schulen wie die HBS, die im Landeswettbewerb zweitplatzierte Lauterbach- und die Willy-Brandt-Oberschule, die auf dem dritten Platz landete, aus. Prämiert werden Schulen, die ihre Absolventen bestens auf die Berufswelt vorbereiten -mit gutem Grund: Angesichts des drohenden Fachkräftemangels werde jeder einzelne Schulabgänger im Erwerbsleben gebraucht, betont der parlamentarische Staatssekretär des Arbeitsministeriums Hans-Joachim Fuchtel: „Wir können auf kein Talent verzichten“, lautet sein eindringlicher Appell, sich um die Klientel der „Starken Schulen“ zu kümmern, um Schüler also, die oft keinen Anschluss an den Abschluss finden.
Noch verlassen zu viele Jungen und Mädchen die Haupt-, Gesamt- und Förderschulen ohne die wichtige Berufsreife. Viele Firmen klagen zudem darüber, dass es bei den Azubis an Fachkenntnissen ebenso wie an sozialen Kompetenzen mangelt. Das belegt auch eine vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) durchgeführte Untersuchung im vergangenen Jahr: Etwa drei Viertel der rund 15000 befragten Betriebe beschwerten sich über die fehlende Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit und Disziplin ihrer Lehrlinge.
Um Schüler besser auf das Arbeitsleben vorzubereiten, kooperieren inzwischen viele Schulen eng mit der regionalen Wirtschaft. Das sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor, wenn es darum gehe, die Situation der Hauptschulabsolventen zu verbessern, bestätigt Antje Becker, Geschäftsführerin der Hertie-Stiftung: „Schulen, die auch mit außerschulischen Partnern zusammenarbeiten, gelingt es am besten, junge Menschen auf den Übergang in die Berufstätigkeit vorzubereiten.“ Besonders die „Starken Schulen“ weisen in der Regel eine deutlich höhere Quote bei der Vermittlung der Schulabgänger auf: Bundesweit findet mehr als die Hälfte der Hauptschüler keinen Zugang zum Erwerbsleben. An den Siegerschulen des Wettbewerbs von 2009 wurde dieser Anteil auf 13 Prozent reduziert.
Das gelingt ihnen über eine möglichst frühe Berufsinformation und -orientierung. Oft -und sinnvollerweise -setzt die bereits in der siebten Klasse ein, zum Beispiel mit dem Konzept des „Service Learning“, das auch an der HBS praktiziert wird: „An einem Vormittag pro Woche engagieren sich die Schüler sozial“, schildert Schulleiterin Miriam Pech das Modell. Neben Praktika, Berufsberatung, Bewerbungstraining und einer Berufseinstiegsbegleitung werden die Schüler also auch in den „soft skills“ trainiert. Schüler, die im theoretischen Unterricht nicht gut zu erreichen sind, verinnerlichen Lerninhalte zudem in Praxisklassen besser. Damit gelingt der HBS das Rezept, mit dem Fuchtel das Konzept der Wettbewerbsteilnehmer zusammenfasst, umzusetzen: „Starke Schule macht Lust auf das Lernen und das Leben. „Besonders die „Starken Schulen“ weisen in der Regel eine deutlich höhere Quote bei der Vermittlung der Schulabgänger auf: Bundesweit findet mehr als die Hälfte der Hauptschüler keinen Zugang zum Erwerbsleben. An den Siegerschulen des Wettbewerbs von 2009 wurde dieser Anteil auf 13 Prozent reduziert.